Ev.-Luth. Kirchgemeinde Marienberg

Wetterfahne Satzung

aus: Gemeindbrief August /September 2023

Liebe Leserinnen und Leser unseres Gemeindebriefes!
In Satzung funkelt nicht nur das Kreuz auf dem Kirchturm golden in der Sonne, auch auf dem Dachfirst glänzt ein edles Metallbild – ein kleines Windspiel, das Geschichte erzählt.
Wahrscheinlich ist es nötig, darauf einmal hinzuweisen. Denn automatisch gehen unsere Blicke meistens nicht nach oben – höchstens zur Uhr, gleich über dem Eingang. Aber dort hinten? Es ist zwar gut sichtbar, nur eben am anderen Ende, direkt über dem Altarraum, wo sich die Kanzel, die Grabplatte der nordböhmischen Gräfin Eva Polexina von Werschowitz, die lebensgroße Statue der Madonna nach gotischen Vorbild und der alte Taufstein befindet.
Diesen alten Taufstein verrückt keiner aus der Mitte des Ortes.
Der steht von Anfang an so fest wie das Amen in der Kirche, als ältester Bestandteil unseres Gotteshauses. Der Anfang – das kann man deutlich in Stein gemeißelt lesen, wenn man das silberne Taufbecken etwas anhebt – der Anfang war der 23. September 1573. Da wurde eine massive Kapelle
im Ort gebaut, die wahrscheinlich eine kleine Holzkirche ersetzte. Diese Kapelle hatte zunächst einen Dachreiter als Glockenturm, bis 1756 der steinerne Turm angebaut wurde – und die Satzunger Kirche äußerlich ihre heutige Gestalt
erhielt.
1573 wurde also die Kirche geweiht.
Folglich feiern wir in diesem Jahr [2023] das 450. Kirchweihjubiläum
– mit einem Festgottesdienst am 1. Oktober
und einem Festvortrag am Montag, dem 2. Oktober, der uns in Wort und Bild mit der Geschichte des Gotteshauses vertraut machen wird. Schon jetzt sei zu beiden Veranstaltungen besonders herzlich eingeladen.

Doch zurück zu der goldenen Wetterfahne samt Bild auf dem Dach über dem Taufstein:
Ein Mann mit Hut und einem Kelch in der Hand, auf dem Rücken einen schweren Rucksack, aus dem ein Kreuz herausragt. Darüber noch der Hahn, der uns wie auf etlichen Kirchtürmen daran erinnert, dass Petrus Christus dreimal verleugnete, bevor der Hahn krähte. Er ist daher eine Art Mahnmal, aufrichtig und ehrlich zu sein – auch Wetterfahne genannt, weil er anzeigt, woher der Wind weht. So sagt man ja gelegentlich: „Der dreht sich wie der Hahn im Wind“. Das bedeutet, dass jemand seine Meinung ändert oder etwas – so wie Petrus – verleugnet.
Das gilt allerdings gewiss nicht für den Mann mit Hut darunter. Pfarrer R. Stoß schreibt 1905 in seinem Artikel über die Pachorie Satzung in der „Neuen Sächsischen Kirchengalerie“ zwar, dass es sich um die Heiligengestalt des Apostel Johannes handle. Naheliegender scheint allerdings die Verbindung mit den Exulanten aus Nordböhmen zu sein, die wegen ihres evangelischen Glaubens in ihrer Heimat vor der Entscheidung standen, entweder „ihre Fahne in den Wind zu hängen“ und sich der katholischen Macht und Mehrheit zu beugen, oder ihr Zuhause zu verlassen. Von denen, die zum evangelischen Bekenntnis hielten, fanden einige auch in Satzung Aufnahme. In den Jahren zwischen 1620 und 1700 hatten bis zu 100 Exulanten hier eine neue Heimat gefunden.
Vier von ihnen sind in der Kirche begraben.
Zu den markanten Kennzeichen ihres reformatorischen Bekenntnisses gehörte neben der Betonung der Erlösung allein durch Christus (das Kreuz als Wegzehrung im Gepäck) auch der „Laienkelch“ als Symbol für die Forderung nach der Darreichung des Kelchs an Laien. Dabei beriefen sich die „Hussiten“ auf den Reformator Jan Hus, der in Böhmen bereits 100 Jahre vor Martin Luther das Abendmahl „unter beiderlei Gestalt“ durchgesetzt hatte.
Der Hutmann auf dem Dach über dem Altarplatz gewährt somit einen Einblick in die lange und aufreibende Reformationsgeschichte vor Ort.
Gott sei Dank können wir heute ohne jegliche Bedrängnis im Abendmahl die volle Gemeinschaft
mit Christus erleben. Seine gülden schimmernde Einladung ist eigentlich gar nicht zu übersehen.
Sie gilt auch im Urlaub – hier und anderswo.
Einen schönen, gesegneten Sommer wünscht Ihnen,
Ihr Pfarrer Volkmar Freier